Aktuelle Trends der Lehrerbildung in Schweden. Auswirkungen auf sonderpädagogische Studienanteile Die Aus- und Weiterbildung von Lehrern in Schweden befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch. Davon betroffen sind nicht zuletzt sonderpädagogische Studienanteile in der Ausbildung von Vorschul- bzw. Grundschulpädagogen, deren Kompetenz eine wichtige professionelle Grundlage der Bemühungen um inklusive Bildung darstellt. Das Aufbaustudium zum traditionellen „Speziallehrer“, dessen Hauptaufgabe im Sonderunterricht für Schüler mit Behinderungen liegt, wurde zulasten der Ausbildung zum stärker integrativ und beratend tätigen „Spezialpädagogen“ vor kurzem wieder aufgenommen. Eingebettet sind diese Veränderungen in die bildungspolitischen Reformen der seit 2006 amtierenden bürgerlichen Regierung. Darüber hinaus entstanden im Zuge des Bologna-Prozesses und der Profilstärkung einzelner Hochschulen neue sonderpädagogische Studiengänge. Im Vortrag werden die aktuellen Entwicklungen skizziert und in den bildungspolitischen Kontext Schwedens eingebettet.
Den allmänna bildbarheten är en central utgångspunkt i all pedagogisk verksamhet. Det gäller inte minst sinnesslövårdens uppkomst under senare delen av 1800-talet. Fram till 1968 exkluderades däremot de s.k. obildbara barnen, de som inte nådde upp till bildbarhetens norm, från varje form av undervisning. Svårigheten att dra en gräns mellan bildbarhet och obildbarhet bidrog i hög grad till en osäkerhet inom olika professioner, som pedagoger och läkare. Traditionellt fungerade läsfärdighet som ett avgörande kriterium, men med intelligenstesternas uppkomst och spridning från och med 1920-talet förändrades så småningom måttstocken. I samband med sinnesslövårdens modernisering och rationalisering uppstod genom begreppet ”praktisk bildbarhet” en tendens att förskjuta gränsen för att vara obildbar och fler människor förväntades kunna tillhöra de bildbara. Skälet till den nya definitionen kan ses i en tilltagande strävan att utnyttja de sinnesslöas arbetsförmåga. Under 1930- och 1940-talen kan man i sinnesslöskolorna skönja en tolkning av begreppsparet bildbar/obildbar som står i relation dels till den individuella prestationsförmågan och dels till antalet disponibla platser. Men tills vidare kritiserades inte själva begreppet ”obildbar” varför problematiken omkring gränsdragningen kvarstod – så länge den sociala konstruktionen ”obildbarheten” existerade.
Teoretisk diskussion och praktisk tillämpning inom den svenska sinnesslövården under 1900-talets första hälft
Die Ursprünge der Normalisierung in Schweden Ein Beitrag zur Geschichte der Sonderpädagogik in Europa Thomas Barow Im Artikel wird die frühe Entwicklung des Normalisierungskonzeptes in die Geschichte der schwedischen Schwachsinnigenfürsorge eingebettet. Pädagogische Quellen verdeutlichen, dass grundlegende Gedanken zur Normalisierung bereits deutlich vor dem Zweiten Weltkrieg formuliert wurden, jedoch aufgrund des historischen Kontext nur begrenzte Wirkung entfalten konnten. Hervorgehoben wird die Position der Pädagogin Sigrid Sandberg, die Bedeutung „normaler“ Lebensbedingungen für die Entwicklung behinderter Menschen erkannt zu haben. Für die Etablierung der Normalisierung waren die sog. Externate Wegbereiter. Der Durchbruch konnte aber erst unter sich wandelnden gesellschaftlichen und sozialpolitischen Bedingungen nach 1945 gelingen.
Abstract Externate als frühe Form der Normalisierung Reformansätze in der schwedischen „Schwachsinnigenfürsorge“ 1900–1954 Thomas Barow Sofern geistig behinderte Kinder und Jugendliche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts überhaupt Zugang zu Bildung besaßen, wurden sie auch in Schweden überwiegend in Anstaltsschulen unterrichtet. Darüber hinaus entwickelten sich bis 1949 in neun Städten sog. Externate. Dies waren Sonderklassen mit Schülern, die als „bildungsfähige Schwachsinnige“ nach zeitgenössischer Ansicht nicht in Volksschulen oder deren Hilfsklassen unterrichtet werden konnten. Dabei waren die Externate nicht nur kostengünstiger, sondern fanden oft die Unterstützung der Eltern und bildeten allmählich eine pädagogische Alternative zu den Anstalten. Im Vortrag soll insbesondere gezeigt werden, welche Rolle hierbei – Jahrzehnte vor Veröffentlichung von Nirjes „Normalization principle“ – dem Gedanken der Normalisierung zukam. Es sind ferner die Möglichkeiten und Grenzen der Externate im Kontext der allgemeinen Schulentwicklung aufzuzeigen und zu erklären. Relevant sind diese Fragen sowohl für die Geschichte der Sonderpädagogik in Europa als auch für eine Untersuchung der Beziehungen zwischen allgemeiner und spezieller Pädagogik.
Das Sozial- und Bildungssystem Schwedens besitzt in Deutschland vielfach einen ausgezeichneten Ruf. Thomas Barow zeigt in seiner historischen Untersuchung der schwedischen Schwachsinnigenfürsorge jedoch, dass die Entwicklung nuanciert zu betrachten ist. Bemühungen um soziale Eingliederung lassen sich ebenso erkennen wie Tendenzen der Ausgrenzung. Auf der Grundlage umfangreicher Literatur- und Archivstudien werden vielschichtige und zum Teil widersprüchliche Prozesse gesellschaftlicher Modernisierung dargelegt und analysiert. Charakteristisch waren Rationalisierung und Psychiatrisierung der fürsorgerischen Arbeit. Hinzu kam ein zunehmender Einfluss eugenischen Gedankenguts, was sich z.B. im Sterilisationsgesetz von 1934/35 widerspiegelte. Parallel dazu wurde die ursprüngliche, pädagogische Ausrichtung der Schwachsinnigenfürsorge zurückgedrängt, lebte jedoch in Einrichtungen wie dem Seminar Slagsta in gewissem Umfang fort. Das traditionelle philanthropische Motiv „Vom Zehrenden zum Ernährenden“ erhielt neue Bedeutung: Die einseitige Betonung der Arbeitsfähigkeit verstärkte Tendenzen des sozialen Ausschlusses, begünstigte allerdings auch die Einführung der Schulpflicht für bildungsfähige Schwachsinnige 1944/45. In diesem Kontext kam es zu einer strategischen Allianz zwischen Schwachsinnigenfürsorge und Eugenik. Deren gemeinsame Grundlage war ein Nützlichkeitsdenken, dessen Wurzeln fest in der schwedischen Gesellschaft verankert waren. Normalisierung bedeutete hier die Anpassung des Individuums an gesellschaftliche Normen und Werte. Besonders während des Zweiten Weltkrieges hatten Menschen, die als schwachsinnig galten, unter dieser Ausrichtung zu leiden.
The school for the “feebleminded” and the teacher training college Slagsta in the era of modernization Thomas Barow The school and teacher training college Slagsta was established in 1911 near Stockholm, Sweden. Until 1959 it was the only Swedish institution which aimed at educating teachers in schools for the so called “feebleminded” (Swedish: “sinnesslöa”) children. Right from the beginning there has been a close connection with Séguin’s “physiological method” and representatives of international progressive education like Montessori, Dalton, and Decroly. Children’s interests, activity, and freedom were seen as essential points of education. Other priorities were psychological observation and individual treatment of the child. The paper focuses on the relationship between progressive and special education. It will discuss, why this mixed concept remained in the shadow of regular school education. It emphasizes that mainly due to the definition of “feebleminded”, and the social exclusion of persons concerned, the Slagsta-education remained a pedagogical outsider.
THE ORIGIN AND EARLY DEVELOPMENT OF NORMALISATION IN SWEDEN. Normalisation can be seen as a key concept, both in disability research and in special education. In Sweden so far, the origin of this basic approach is connected to the time period after World War II. The purpose of this paper is to nuance this perspective. The existing Swedish historiography on normalisation, to some extent written by protagonists of the concept, will be discussed. We agree on the full effectiveness of normalisation based on a reform-oriented social policy from the 1960s. However, by means of historical research and based on hermeneutic methods, this study aims to demonstrate the concept’s origin and early development in Sweden already some decades before. For that purpose historical sources from contemporary Swedish litera-ture and reports from school authorities will be analysed. In particular the so called external schools for the feeble-minded had a certain impact on the emergence and spreading of the normalisation approach. As a result of our research, and by linking it to the development of the Swedish welfare state, normalisation can be contextualised historically. This outcome is of high relevance for understanding the history of a path-breaking concept. Finally, and with regard to the future, the question of adaptability and modernity of normalisation arises.
The Origin and Early Development of Normalisation in Sweden: Normalisation can be seen as a key concept, both in disability research and in special education. In Sweden so far, the origin of this basic approach is connected to the time period after World War II. The purpose of this paper is to nuance this perspective. The existing Swedish historiography on normalisation, to some extent written by protagonists of the concept, will be discussed. We agree on the full effectiveness of normalisation based on a reform-oriented social policy from the 1960s. However, by means of historical research and based on hermeneutic methods, this study aims to demonstrate the concept’s origin and early development in Sweden already some decades before. For that purpose historical sources from contemporary Swedish literature and archives will be analysed. In particular the so called external schools for the feeble-minded (externatskolor för sinnesslöa) had a certain impact on the emergence and spreading of the normalisation approach. As a result of our research, and by linking it to the development of the Swedish welfare state, normalisation can be contextualised historically. This outcome is of high relevance for understanding the history of a path-breaking concept. Finally, and with regard to the future, the question of adaptability and modernity of normalisation arises.
This paper contains the main results of a recently completed historical research project about the situation of persons cate- gorized as“feeble-minded” in Sweden. In this study, the case of Malmöhus province constitutes the microhistorical core. Here, educational and care institutions such as schools, asylums and working homes were particularly established in the first half of the 20th century. The motives behind these foundations will be discussed and the working routines in those institutions will be analysed in terms of teaching and after-care of the inmates and their exclusion justified by social constructs such as “uneducable” or “moral imbecile”. This paper aims at demonstrating how feeble-mindedness was perceived as a social problem, and how close the efforts of education and care were connected to eugenic ideology and control. Thereby, the history of the feeble-minded will be interpreted as a striking example of the contradictions of modernity. The coincidence of social inclusion and exclusion was a characteristic of the situation of an undesirable group of citizens in the Swedish society under the era of modernization. This outcome is of high relevance for understanding the early historical development of the Nordic welfare state.
This paper contains the main results of a recently completed historical research project about the situation of persons categorized as “feeble-minded” in Sweden. In this study, the case of Malmöhus province constitutes the micro-historical core. Here, educational and care institutions such as schools, asylums and working homes were particularly established in the first half of the 20th century. The motives behind these foundations will be discussed and the working routines in those institutions will be analysed in terms of teaching and after-care of the inmates and their exclusion justified by social constructs such as “uneducable” or “moral imbecile”. This paper aims at demonstrating how feeble-mindedness was perceived as a social problem, and how close the efforts of education and care were connected to eugenic ideology and control. Thereby, the history of the feeble-minded will be interpreted as a striking example of the contradictions of modernity. The coincidence of social inclusion and exclusion was a characteristic of the situation of an undesirable group of citizens in the Swedish society under the era of modernization. This outcome is of high relevance for understanding the early historical development of the Nordic welfare state.
Keynote: Vorbild oder Zerrbild? Außen und Innenperspektive auf inklusive Bildung in Schweden: - Die Sonderpädagogik und Behindertenhilfe Schwedens genießen im deutschen Sprachraum seit Jahrzehnten einen ausgezeichneten Ruf. Dieser lässt sich vornehmlich auf die Einführung der neunjährigen Grundschule und Wandlungen im Bereich der Behindertenfürsorge seit den 1960-er Jahren zurückführen. Unzählige Besucherinnen und Besucher aus Mitteleuropa haben sich seitdem mit der Situation im Norden auseinandergesetzt. Ihren Niederschlag findet dies vor allem in Reiseschilderungen basierend auf zumeist kürzeren Studienbesuchen. Der Grundton dieser Berichte ist in allen Fällen zumindest wohlwollend, zum Teil überschwänglich bis euphorisch. Schweden erscheint darin oft als ein Vorbild für erwünschte Entwicklungen im eigenen Land. Im augenfälligen Kontrast dazu ist die Innenperspektive oft eine andere. Die innerschwedische Debatte handelt unter anderem von Gewalt und Mobbing in den Schulen, fehlerhaften Diagnose- und Kategorisierungsprozessen sowie schwachen Leistungen schwedischer Schülerinnen und Schüler bei internationalen Vergleichsuntersuchungen. Im Artikel werden ausgewählte Aspekte der Außen- und Innenperspektive näher aufgezeigt und die Kontraste in der Wahrnehmung diskutiert. Abschließend wird auf die Frage eingegangen, welchen Nutzen die Auseinandersetzung mit der Entwicklung in einem anderen Land dennoch haben kann.
INCLUSION AND EXCLUSION IN TEACHER EDUCATION. A QUESTIONNAIRE ON TEACHER STU-DENTS’ BACKGROUND AND PERSPECTIVES ON THEIR STUDIES. In recent years, the increasing heterogeneity among Swedish university students has been widely discussed. ”New” groups of students are entering higher education, such as people with a migration background and/or disability. This development is promoted by efforts of widening participation and the Swedish Anti-Discrimination Act at the policy level. Changes in the student population affect programmes in teacher education in particular. Nowadays, and to a growing extent, more young adults with an educationally disadvantaged family background become teachers. Based on a user perspective, it is the aim of this study to show how these developments influence the students’ view on their studies, determined by usual study tasks such as searching literature, writing papers or passing tests. The research was inspired by Bourdieu and Passeron’s concept of social reproduction, and by Luhmann’s approach of inclusion and exclusion. A questionnaire was distributed to 316 teacher students. Data on social origin, earlier school experiences, and the current perceived educational situation were gathered and statistically analyzed. Several significant variances on the students’ social and academic background and their perceived situation at the university were found. The mothers’ social and educational background was of high relevance for students’ experiences of their ongoing education at the university. Moreover, the perception of failure in schools had a negative impact on the students view about their current studies. In a wider perspective, the results underline the difficulties in overcoming social reproduction and exclusion by means of education. These findings raise questions on how universities can cope with the increasing diversity of their students.
Zusammenfassung: Vor dem Hintergrund aktueller Wandlungen in der Bildungspolitik Schwedens wird die jüngere Entwicklung der schwedischen Sonderpädagogik aufgezeigt und diskutiert. Zwei kontrastierende Sichtweisen, die kategoriale und die relationale Perspektive, werden zur Analyse von Schulproblemen verwendet. Sie erscheinen prägend für die Umsetzung sonderpädagogischer Förderung. Die Verankerung sonderpädagogischer Studienanteile in der allgemeinen Lehrerbildung wird für die Ermöglichung inklusiver Bildung hervorgehoben. Angesichts widerstrebender Positionen auf den verschiedenen Ebenen der Schulpolitik sind die Auswirkungen der schwedischen Bildungsreformen auf das Konzept »Eine Schule für alle« gegenwärtig nicht eindeutig absehbar. Abstract: Against the background of current changes in educational policy in Sweden, the recent development of Swedish special education is presented and discussed. Two contrasting perspectives, the categorical and the relational perspective, are used to analyse school problems, and they are formative for the implementation of special educational support. The anchoring of special education in general teacher education is highlighted in the facilitation of inclusive education. In view of opposing positions on various levels of school policy, the impact of Swedish education reforms on the concept of »One school for all« is currently not clearly foreseeable.
Sedan mer än 200 år har ”Bildning för alla!” varit en pedagogisk utmaning. Devisen är knuten till tankar om likvärdighet, delaktighet och allas rätt till utbildning i ett inkluderande samhälle, men i boken betonas samtidigt de pedagogiska utmaningar som dessa intentioner för med sig. I antologin tar 26 författare från de nordiska länderna och Storbritannien upp aktuella frågor som på olika sätt knyter an till uppgiften om hur utbildningssystemet kan utvecklas i förhållande till elevers olikheter. I boken behandlas teman som varit centrala i forskningen hos professor Jerry Rosenqvist, som nu efter mer än fyra decennier av pedagogisk verksamhet går i pension. Boken tillägnas honom.
Googlar man på begreppen ”inclusion”, ”inclusive education” eller ”inkludering” får man ett närmast oräkneligt antal träffar. Inclusion som begrepp dyker upp redan på 1950-talet i USA som ett led i medborgarrättsrörelsernas strävan efter ett samhälle där diskriminering främst på grund av hudfärg skulle bekämpas. Den engelske forskaren och förkämpen för en mer demokratisk utbildning, Len Barton, beskrev i en artikel 2008 hur inkludering borde förstås: […] inclusive education is not an end in itself but a means to an end. It is about contributing to the realisation of an inclusive society with the demand for a rights approach as a central component of policy making. Thus, the question of inclusion is fundamentally about questions of human rights, equity, social justice and the struggle for a non-discriminatory society (Barton, 2008). Citatet sammanfattar kraftfullt vad inkludering handlar om. Inkludering är inte en fråga om fysisk placering utan om våra väl övervägda intentioner om ett bättre samhälle. Skolans uppgift är att med hjälp av inkluderande arbetsformer lägga grunden till en insikt om människors lika värde och vikten av skapandet av ett framtida samhälle där tolerans, respekt och likvärdighet är centrala. En sådan definition kan verka pompös och utopisk. I ett skolsystem där mätning, rangordning och konkurrens har en framträdande plats, kan skolans mer övergripande syften och ambitioner vara svåra att hävda. Ändå är det viktigt att komma ihåg att just dessa värden låg till grund för grundskolans införande på 1960-talet. Då var socialisationsmålet väl så viktigt som kvalifikations- eller kunskapsmålet vilket knappast kan sägas om 2010-talets skola.